Die heute wieder den alten Namen führende bayerische Provinz Pfalz liegt auf dem
linken Rheinufer, vom Mutterlande getrennt und breitet sich über einen großen Teil der oberrheinischen
Ebene, der Vogesen und über das ganze Haardtgebirge aus, bis südwestlich zur Saar ins Moselgebiet und
nordwestlich bis zur Nahe und zu den Hunsrückhöhen. Der Rhein trennt das Land östlich von Baden, die
Lauter südöstlich vom Elsaß, nordwestlich der Glan und die Nahe von Rheinpreußen und dem
Meisenheimer Ländchen, während südwestlich Lothringen und nordöstlich Rheinhessen ohne natürlich
Grenzen anstoßen.
[...]
Die bedeutendste Handelspflanze ist der Tabak geworden, dessen Anbau immer größere Ausbreitung und
wahrhaft reißenden Absatz findet; schon vor 1850, wo er auf den Gau um Germersheim und Speyer
beschränkt war, lieferte die Pfalz 100 000 Zentner, - seitdem hat sich aber der Anbau vielleicht mehr
als um das Doppelte verstärkt.
[...]
An Wein produziert das Land durchschnittlich im Jahre gegen 108 000 Fuder(1); rechnet man nun nur den
allergeringsten Preis zu 100 Gulden das Fuder, so sind das 10 800 000 Gulden(2). ...
Freilich ist der Weinbau durch eine Reihe aufeinanderfolgender schlechter Jahrgänge in Misskredit
gekommen und die Gaubauern fangen klugerweise an, die "Wingerte" in der Ebene abzureißen und
Tabak hinein- zupflanzen. Aber dem echten Weinbauer an der Haardt und längs der Vogesenkette soll man
nicht mit solchen Zumutungen kommen, er würde sie mit eben so vollem Rechte abweisen, da sein schönes
sonniges Land und die steilen Abhänge der Berge trotz allen schlechten Weinjahren doch eben nur für
den Weinbau und für diesen am besten geeignet ist. Wo die Kastanie wild wächst und alljährlich zur
rechten Zeit reift, wo die Mandel schon im Februar blüht und im Herbste reichlich Früchte trägt, da
kann auch das rechte Weinjahr eintreffen und dann lacht der Weinbauer alle schlechten Propheten aus.
[...]
Fleiß, Ausdauer und Geschick zur Landwirtschaft zeichnen überhaupt den Pfälzer aus und die
musterhafte Bebauung des Bodens hat schon längst der Pfalz einen berühmten Namen gemacht. Das ist nun
so im reichen üppigen Gau, wo man vom Brachliegen des Bodens längst nichts mehr weiß und jährlich
sogar zwei Ernten auf einem und demselben Felde zu ziehen weiß, als im fruchtbaren Hügelland am
Donnersberg oder auf der Sickinger Höhe oder in dem Gebiet der Blies, wo noch die Dreifelderwirtschaft(3)
fortbesteht. Die Zerteilung der Güter hat in der Pfalz der Landwirtschaft in keiner Weise Nachteil
gebracht und es ist überhaupt lächerlich, Zustände, wie sie für das menschenleere Altbayern passen
mögen, auf die Pfalz anwenden zu wollen, ebenso lächerlich als die Pfalz für ein armes Land zu
erklären gegenüber von Ziffern, Zahlen und Tatsachen. Fleiß, Ausdauer und Geschick zeichnet den
Pfälzer auch in jeder anderen Beziehung aus, mag er nun den Rhein seines Fischüberflusses entheben
oder die Schätze der Erde aus den Tiefen der Berge holen. Freilich findet man im Rheinstrom das Gold
nicht klumpenweis wie in Kalifornien; aber ein schwarzes Kalifornien besitzt die Pfalz doch in ihrem
Kohlengebiet des Westrichs. Was sie mit der Gegend von Idria(4)
vor allen anderen deutschen Bundesländer
auszeichnet, das sind ihre vielen Quecksilberbergwerke, gleichfalls im Westrich, das auch besonders
reich an sonstigen Mineralien ist und das Bergmannsleben in schönster Blüte steht.
[...]
Was die Viehzucht betrifft, so überragt auch hierin das Westrich die schöne Vorderpfalz; sie wird dort
durch die trefflichen Wiesengründe des Glantals und der Blies begünstigt. Schöne Pferde zieht
besonders die Umgegend von Zweibrücken und der ebene Gau am Rhein. - An diesem Strom blüht auch die Geflügeljagd;
im Bienwald und auf den Höhen der inneren Haardt, in den großen Wäldern am Johanniskreuz gibt es noch
viele Rehe, wenn auch nur ganz selten Hirsche, während in den Wald- und Felsschluchten des Wasgaus bei
Dahn und im Bienwald sich noch Wildschweine rühren. In den großen Wäldern der Wasserscheide horsten
noch Auerhähne und Uhus. Sonst lässt sich in der Vorderpfalz noch hie und da ein Häschen oder ein
Fuchs blicken. Der "Jäger aus Kurpfalz" würde erstaunen, wenn er heutzutage wieder durch
unsere Felder und Wälder striche, welche Leere an Wild die französische Revolution hier zu Folge hatte,
und er würde kaum mehr so lustig sein Lied singen wie vordem.
[...]
Und nun zu den Bewohnern des schönen Landes selbst, das in seiner Milde den Übergang zu den
südlicheren Gegenden bildet. Wie das Land, so sein Bewohner, der ja, wenn man will, nur der
vergeistigte Ausdruck des Landcharakters ist. In der lustigen, heiteren, reichen Pfalz können auch nur
heitere, fröhliche, reichbegabte Menschen wohnen. Schon was den Körperbau betrifft, kann der
rheinfränkische Schlag der Pfälzer als einer der bevorzugtesten gelten, - schlanke, gerade und doch
noch kräftige Figuren herrschen durchgängig vor. Die Pfälzer sind wohl im Durchschnitt die an Gestalt
größten Süddeutschen, - sie liefern das ansehnlichste Kontingent zu den bayerischen Kürassieren.
Schon das flotte Äußere zeugt von Kraft, aber noch mehr von Gewandtheit und natürlichem Anstand und
spricht die Erregbarkeit, die Rührigkeit und Gewecktheit des Geistes aus, welche diesen Stamm
auszeichnen. Die Tätigkeit des Volkes, der ausdauernde Fleiß, das Geschick und die Gewandtheit,
gepaart mit natürlicher Intelligenz und Geistesfrische, sind längst anerkannt.
[...]
Dies sind allgemeine Züge, von denen es natürlich eine Masse Ausnahmen bei den Einzelnen gibt. Aber
auch bei den Bewohnern der einzelnen Landesteile modifiziert sich dieses Urteil.
|